Samstag, 3. März 2018
Neu auf DVD:
Jugend ohne Gott
In der digitalisierten Gesellschaft der Zukunft spielen Liebe, Moral und Menschlichkeit nur noch untergeordnete Rollen. Alles ist auf Leistung, Anpassung und Effizienz ausgerichtet: Zach (Jannis Niewöhner) macht sich widerwillig auf in das Hochleistungscamp der Abschlussklasse. Im Gegensatz zu seinen Kommilitonen hat er kein Interesse daran, auf die renommierte Rowald-Universität zu kommen. Obwohl sie ihn nicht versteht, ist die ehrgeizige Nadesh (Alicia von Rittberg) von dem Einzelgänger fasziniert und versucht, ihm näherzukommen. Zach wiederum interessiert sich mehr für das geheimnisvolle Mädchen Ewa (Emilia Schüle), das im Wald lebt und sich mit Diebstählen über Wasser hält. Als Zachs Tagebuch verschwindet und ein Mord geschieht, scheint der fragile Zusammenhalt der jugendlichen Elite an sich selbst zu zerbrechen. Nur der vermeintlich moralisch integre Lehrer (Fahri Yardim) versucht zu helfen, aber dafür ist es schon zu spät ...



Die literarische Vorlage stammt eigentlich aus der deutschen Nazi-Zeit und war als Kritik am Regime zu verstehen. Die Macher übertragen den Grund-Plot in die Zukunft und machen die Leistungs-Diktatur zum Dreh und Angelpunkt der Geschichte. Dabei wird die Handlung raffiniert aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, was immer wieder neue Erkenntnisse hervorbringt und gleichzeitig der Vorlage gerecht wird. Das ist schon sehr spannend gemacht und gibt dem Film den richtigen Drive. Dass die Jungschauspieler um Jannis Niewöhner ("Jonathan", "4 Könige") mit Vollgas an die Sache herangehen, versteht sich von selbst. Insgesamt ist die Erzählung trotz der überzeugenden Inszenierung nicht perfekt. Aber sie bietet ungewöhnliches Genre-Kino aus Deutschland, das für spannende Unterhaltung mit Tiefgang hart an der zukünftigen Realität sorgt. Insgesamt herausragend!
Bewertung: 8/10 (Moviepilot Prognose 7)


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Samstag, 24. Februar 2018
Nur Gott kann mich richten
Ricky (Moritz Bleibtreu) hat vor Jahren nach einem misslungenen Überfall den Kopf hingehalten für seinen Bruder Rafael (Edin Hasanovic) und seinem guten Freund Latif (Kida Khodr Ramadan). Nachdem er endlich aus dem Knast entlassen wurde, soll Ricky für seine lange Leidenszeit hinter Gittern entschädigt werden: Latif bietet ihm einen letzten und vermeintlich todsicheren Coup an, der allen viel Geld einbringen könnte. Ricky zögert zunächst, willigt dann aber doch noch ein und holt sogar Rafael wieder mit ins Boot. Bei ihrer letzten Nummer scheint zunächst alles wie am Schnürchen zu laufen, doch dann taucht die Polizistin Diana (Birgit Minichmayr) auf und macht den Jungs einen Strich durch die Rechnung. Von nun an beginnt ein gefährliches Katz-und-Maus-Spiel, das alle in den Abgrund reißen könnte …
www.filmstarts.de



Edin Hasanovich ("Auf kurze Distanz") ist ein Phänomen. Hinter den Film Kulissen der netteste Mensch entwickelt er vor der Kamera eine unbändige Wut und Verzweiflung, die dem Zuschauer Angst macht. Und dabei ist er nie wirklich der Böse, sondern einfach nur ein Opfer seiner Situation. Wie in diesem Gangsterfilm, bei dem er eigentlich alles richtig machen will, Verantwortung übernehmen und eine Familie gründen. Dass das nicht funktioniert liegt auch an seinem umtriebigen Bruder, der ihn immer in die Scheisse reinreitet. Aber auch die Rolle von Moritz Bleibtreu ("Lommbock") ist keine eindimensionale, auch er möchte das Beste machen aus seiner verkorksten Situation machen. Zusammen ergeben die beiden grandiosen Schauspieler eine explosive Mischung, die überhaupt nichts Gutes verheisst.



Der Film von Özgür Yildirim ("Chiko") funktioniert nach der Form des amerikanischen Episodenfilms, mit verschiedenen Personengruppen und parallel laufenden Plots. Weitere zentrale Figuren werden von Kida Khodr Ramadan ("4 Blocks") und von Birgit Minichmayr ("Midsummer Madness") verkörpert. Und ganz im Sinn des Gangster-Films laufen alle Handlungen letztendlich zusammen und sorgen für einen emotionalen Showdown, der absolut kein gutes Ende erhoffen lässt. Der Regisseur vermengt bekannte Motive und Spielarten des Genre und überträgt sie ins deutsche Milieu Frankfurts zwischen Drogenszene und Plattenbau. Das ist nicht immer originell und muss auch nicht immer stimmig sein, aber wir reden hier vom brachialen Action-Drama. Da kommt es nicht immer darauf an, warum etwas geschieht, sondern viel mehr was die Konsequenzen daraus sein werden. Und hierbei gelingt den Machern tatsächlich atmosphärisch dichtes, mehr als überzeugendes Genre-Kino, das wie ein Faustschlag in die Magengrube einschlägt. Und auch so untypisch für den deutschen Film ist.
Bewertung: 8,5/10 (Moviepilot Prognose 7,5)

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Freitag, 16. Februar 2018
Neu auf DVD:
Kingsman 2 - The Golden Circle
Eggsy (Taron Egerton) hat es mithilfe von Harry Hart (Colin Firth) zum Agenten der Kingsmen geschafft und die Welt vor dem Untergang bewahrt. Doch wer dachte, dass die wohlerzogenen britischen Geheimdienstler sich nach dieser guten Tat zur Ruhe setzen und eine Earl Grey schlürfen können, der irrt, denn hinter der nächsten Ecke wartet schon die nächste Bedrohung (Julianne Moore), die es abzuwenden gilt: die kriminelle Organisation The Golden Circle. Um gegen die neue Gefahr anzukommen, muss die Geheimorganisation der Kingsmen rund um Eggsy, Roxy (Sophie Cookson) und Merlin (Mark Strong) sich nach der Zerstörung der britischer Secret-Service-Zentrale mit ihrer amerikanischen Schwester, den von Champ (Jeff Bridges) angeführten Statesman (u.a. Halle Berry, Pedro Pascal, Channing Tatum), zusammenschließen, um den gemeinsamen Feind mit vereinten Spionage-Fähigkeiten zu besiegen.



Der Vorgänger war ein richtig, richtig guter Action-Streifen zwischen Agenten-Drama, Coming-of-Age und cleverer James Bond Persiflage, bei der einfach alles zusammen passte. Umso enttäuschender ist es, mit was dieselben Leute als laue Fortsetzung um die Ecke kommen. Allein schon die Geschichte will überhaupt nicht passen ohne die Aspekte des Erwachsenwerdens, des sozialen Umfeldes und das väterliche Verhältnis zu Colin Firth ("King’s Speech"). Zwar versucht man Mark Strong ("Sherlock Holmes") jetzt die Rolle als erfahrenen Mentor zuzuschieben, aber das wirkt ebenso halbherzig wie die Wiederbelebung von Firths Rolle Harry, die im ersten Teil noch so dramatisch erschossen wurde. Und auch Reminiszenzen wie die Wiederholung der Kneipenszene unter neuen Voraussetzungen wirken eher wie ein müder Abklatsch, der nicht wirklich passt. Dazu wird der Cast aufgestockt mit einer Vielzahl prominent besetzter Rollen, die sich nur gegenseitig Screentime kosten, ohne dass auch nur einer aus der Masse positiv hervorstechen kann. Julianne Moore ("Children of Men") als durchgeknallte Böse gibt eine derart überdrehte Performance, dass es eher peinlich wirkt und weit weg ist von der Darstellung eines obercoolen Samuel L. Jackson. Das Overacting wird einzig überboten durch die gruselige Rolle von Elton John als er selbst. Wer denkt sich so etwas aus? Was bleibt sind einige comiceske, genial geschnittenen Action-Szenen, die trotz völliger Überzeichnungen erneut atemberaubend sind. Und Taron Egerton ("Eddie the Eagle") steht erneut seinen Mann als Nachwuchs-Spion, egal wie unsinnig sich das Drehbuch gerade entwickelt. Leider reicht das auch nicht, um den aufwendig inszenierten Klamauk ohne Gefühl für die Vorlage noch zu retten.
Bewertung: 5,5/10 (Moviepilot Prognose 7)


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Donnerstag, 18. Januar 2018
Neu auf DVD:
Bruder vor Luder
Die fünfzehnjährigen Zwillinge Heiko und Roman sind als Lochis auf 'YouTube' schon Stars. Nun wollen sie richtig durchstarten und ihr erstes Konzert geben. Die unscheinbare Bella (Tara Fischer) ist ihr größter Fan und heimlich in Roman verliebt. Ihre aufgedonnerte Schwester Jessy (Milena Tscharntke) dagegen liebt nur eines: Fame! Um berühmt zu werden, würde sie alles tun. Als Jessy eines Tages mitbekommt, wie berühmt 'DieLochis' sind, schmiedet sie einen hinterlistigen Plan. Um sich von all den anderen Fame-Bitches zu unterscheiden, verkleidet sie sich als braves Mauerblümchen und spielt das schüchterne Unschuldslamm. Prompt verliebt sich Heiko in das so wunderbar normale und bescheidene Mädchen. Sehr zum Ärger von Roman, denn jetzt vernachlässigt Heiko nicht nur 'YouTube', sondern auch das erste große Live-Konzert. Um die gewohnte Ordnung wieder herzustellen, sieht Roman nur eine Chance: Er sabotiert Heikos und Jessys Dates. Doch irgendwie wird dadurch alles nur noch schlimmer, es kommt schließlich zum Bruch zwischen den Brüdern und Jessy wähnt sich bereits am Ziel ihrer Fame-Wünsche. Doch da hat sie offenbar die Rechnung ohne ihre Schwester Bella gemacht ...



Eben mal den angeblich zweitschlimmsten YouTubet-Kinofilm nach "Kartoffelsalat" nachgeholt. Dabei ist alles insgesamt gar nicht so schlecht. Vor allem die Lorchis selbst machen vor der Kamera einen ordentlichen Job, und auch die Inszenierung unter ihrer Regie ist mehr als solide. Die semibiogragische Story selbst wirkt natürlich eher halbgar und unausgegoren, teilweise auch plump und peinlich. Abgesehen von den grenzwertigen Witzen über Schwule, Behinderte usw. gibt es auch sinnfreien Scheiss- und Schwanz-Einlagen, die gnadenlos ausgewalzt werden. Darüber hinaus sind es die Fame Tussis, die derart aufgesetzt und überkandidelt gespielt sind, dass es von Anfang an gnadenlos nervt. Dieses Gekreische macht den Film über weite Strecken schier unerträglich, wo er immerhin noch als immerhin solide durchgehen könnte. Einen Schaden davongetragen bei dem ganzen Unsinn habe ich allerdings auch nicht. Insofern, alles kein Untergang des Abendlandes.
Bewertung: 4/10 (Moviepilot Prognose 1,5)


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Samstag, 6. Januar 2018
Neu auf DVD:
Edgar Wright 'Baby Driver'
Der talentierte junge Fluchtwagenfahrer Baby (Ansel Elgort) verlässt sich ganz auf den Beat seiner persönlichen Playlist, um der Beste in seinem Job zu werden. Als er Deborah (Lily James), das Mädchen seiner Träume trifft, sieht Baby eine Chance, seine kriminelle Karriere an den Nagel zu hängen und einen sauberen Ausstieg zu schaffen. Aber nachdem er gezwungen wird, für den Gangsterboss Doc (Kevin Spacey) zu arbeiten und ein zum Scheitern verurteilter Raubüberfall sein Leben, seine Liebe und seine Freiheit gefährdet, muss er für seine Handlungen gerade stehen...



Mal davon ab, dass die Story schon ein Mindfucker ist, der so cool daherkommt, dass man nicht viel falsch machen kann. Die Inszenierung hat gnadenlos Rhythmus im Blut. Und dass nicht nur, weil der Teenie Driver - auf den Punkt gespielt von Ansel Elgort ("Die Bestimmung") - immerzu Musik auf den Ohren hat. Sondern weil jede Szene im Groove des Soundtracks geschnitten ist. Da schießen selbst die Knarren im Takt. Fast jeder Moment hat seinen eigenen Song. Wen überrascht es, dass für Buch und Regie Edgar Wright verantwortlich ist, der schon "Shaun of the Dead" und die die Folgefilme sowie "Scott Pilgrim" zu verantworten hat. Übercoole Styler-Filme kann er also. Nebenbei wird hier auch auf die absurdeste Art um sich geschossen, sich gegenseitig gejagt und diverse Autos zerlegt. Manchmal steht dabei der Style über dem Sinn. Aber das macht nicht, weil der Film für Spass ohne Ende sorgt. Groovy !!!
Bewertung: 9/10 (Moviepilot Prognose 7,5)


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