Samstag, 24. Dezember 2016
Neu auf DVD:
Winnetou - Der Mythos lebt
1860 in Arizona. Der deutsche Ingenieur Karl May (Wotan Wilke Möhring) möchte auf einer Eisenbahnbaustelle die 'Neue Welt' mit aufbauen. Doch sein Traum wird schnell von der harten Realität eingeholt. Als er in ein Gefecht mit Indianern verstrickt und schwer verletzt wird, ändert sich alles: Er wehrt den Häuptlingssohn Winnetou (Nik Xhelilaj) mit einem Faustschlag ab und erhält so den Namen 'Old Shatterhand'. Zunächst noch ein Gefangener, verliebt er sich in die Kultur der Apachen und in Winnetous Schwester Nscho-Tschi (Iazua Larios). So beschließt er, sich Seite an Seite mit Winnetou der Bedrohung durch die skrupellosen Eisenbahnbauer entgegenzustellen. Es ist der Beginn eines großen Abenteuers, das in der Jagd nach einem sagenumwobenen Schatz und schließlich in einem dramatischen Kampf gegen machtgierige Ölmagnaten gipfelt ...



Ist der RTL nun grössenwahnsinnig geworden, die alten Indianer-Klassiker neu zu verfilmen, oder ist es einfach eine grossartige Idee zu Weihnachten? Die Kritik war anfangs ziemlich harsch, mag aber tatsächlich den mythischen Filmen der 1960ern geschuldet sein. Von den überhöht kitschigen Film-Abenteuern mit ihren heroischen Helden, den mehr als skurrilen Sidekicks und den absolut bösen Bösewichten sollte man aber Abschied nehmen. Die Produzenten von RatPack haben sich entschlossen, die Erzählung etwas mehr zu erden und damit den Romanen atmosphärisch etwas näher zu kommen. Wotan Wilke Möhring ("Männerherzen") ist kein Lex Barker, er ist romangetreu Karl May, der im Western zur boxenden Old Shatterhand wird. Das ist zwar ziemlich gewöhnungsbedürftig, tut der Rolle letztendlich aber gut. Auch andere Figuren wie Sam Hawkens (Milan Peschel "Der Nanny") oder der grosse Häuptling Winnetou (der Albaner Nik Xhelilaj) kommen weniger übersteigert daher. Einzig bei den Bösewichtern wie Fahri Yardım ("Tatort Hamburg" mit Til Schweiger), Michael Maertens ("Fack ju Göhte 2") und besonders Jürgen Vogel ("Die Welle") wirkt dieses Understatement etwas befremdlich bis unglaubwürdig.



Als ein Geniestreich erweist sich allerdings, dass man den legendären Schauspieler Mario Adorf mitspielen lässt - und zwar in seiner Original Rolle aus dem klassischen "Winnetou 1" von vor über 50 Jahren. Auch sonst bezieht man die alten Streifen und ihre Motive respektvoll mit ein. Zum einen durfte man die weltberühmte "Winnetou Melodie" wiederverwenden und neu interpretieren (Filmkomponist Martin Böttcher war ebenfalls involviert), zum anderen drehte man an exakt denselben Schauplätzen in Kroatien wie einst die 60er Rialto Produktionen. Man liess sich bei dieser Prestige Produktion von RTL also nicht lumpen. Das merkt man den Settings aber auch in jeder Sequenz an. Die Ausstattung ist herausragend, und die Aufnahmen, Kamera, Schnitt bewegen sich allesamt auf höherem Kinoformat. Zumal hat man sich mit den Vorlagen die drei bekanntesten Erzählungen ausgesucht, nämlich "Winnetou 1", "Der Schatz im Silbersee" und "Winnetou 3". Dass man den eher durchschnittlichen zweiten Teil der Trilogie durch den erfolgreichsten Stand-Alone Roman ausgetauscht hat ist ebenso ein cleverer Schachzug.



"Winnetou 1 - Eine neue Welt" erzählt natürlich vom Ausbau der Eisenbahnlinie im Indianergebiet und dem Kennenlernen von Winnetou und Old Shatterhand, der sich überzeugend vom Greenhorn zum Abenteurer entwickelt. Die Vorlage ist spannend in Szene gesetzt, hat ein paar überzeugende Winkelzüge, die sie von der Filmvorlage unterscheidet, und überzeugt auch mit spannenden Special Effects. "Winnetou 2 – Das Geheimnis vom Silbersee" zeigt eine Gauner-Bande, die den legendären Schatz mittels Entführung und Raub an sich bringen will. Trotz aufregender Kulissen im Nationalpark Plitvicer Seen und der bezaubernden Iazua Larios als "Nscho-tschi" schwächelt der künstlich gestreckte Plot allerdings doch etwas.



Im finalen "Winnetou 3 – Der letzte Kampf" holt man dann noch einmal alles an Motiven heraus, was die Vorbilder hergeben. Eine Ölquelle, Verrat durch die bösen Buben, Krieg zwischen Weiss und Rot bzw. auch zwischen Indianerstämmen. Und natürlich das unweigerliche Ende der Saga. In der Inszenierung lässt man dabei auch nichts mehr anbrennen und rundet den ambitionierten Dreiteiler optimal ab. Zwar kann man sich dem ein oder anderen TV-Klischee nicht ganz erwehren, aber insgesamt lohnt sich das aufwendige Epos definitiv für die gemeinsamen Feiertags-Abende. Überraschend gutes Fernseh-Event, das von sich reden machen wird.
Bewertung: 7,5/10